Versand von elektronischen Rechnungen: Was kommt auf Sie zu?

03.12.2024Papier-Rechnungen gehören bald der Vergangenheit an.
Egal ob in sozialen Netzwerken oder in Branchen-Fachblättern, der Start der sogenannten E-Rechnungs-Pflicht zum 1. Januar 2025 ist in aller Munde. Vereinfacht gesagt, müssen Unternehmen bei B2B-Geschäften ab diesem Datum in der Lage sein, elektronische Rechnungen ohne vorherige Zustimmung zu empfangen und zu verarbeiten.
Dieser Schritt ist aber erst der Anfang, denn im Allgemeinen müssen Sie in den Folgejahren auch bei der Rechnungs-Erstellung sukzessive auf ein E-Rechnungsformat umsteigen. Es gibt Ausnahmen, beispielsweise, wenn eine Rechnung den Gesamtbetrag von 250 Euro nicht überschreitet. Im Rahmen dieses Artikels gehen wir aber davon aus, dass Sie eine E-Rechnung erstellen wollen und skizzieren, was Sie dabei zu erwarten haben. Ganz wichtig dabei: Das Thema unterliegt weiterhin Veränderungen und unser Artikel stellt den Stand von November 2024 dar. Eventuell gelten also andere Vorgaben, wenn Sie ihn zu einem späteren Zeitpunkt lesen.

Welche E-Rechnungsformate gibt es?

Der Begriff E-Rechnung mag einheitlich klingen, tatsächlich fasst er aber unterschiedliche Datenformate zusammen. So müssen Sie zunächst zwischen hybriden und rein strukturierten E-Rechnungen unterscheiden. In einem hybriden Format existiert die Rechnung sowohl als allgemein lesbares Dokument als auch als strukturierter Datensatz. Das in Deutschland bekannteste hybride Format ist vermutlich ZUGFeRD. Hier ist der strukturierte Datensatz als XML-Datei in ein PDF-Dokument eingebettet. Falls der allgemein lesbare Teil vom strukturierten Datensatz abweicht, ist letzterer maßgeblich für die Bewertung und Verarbeitung der Rechnung.
E-Rechnungen gibt es in unterschiedlichen Formaten.
Die Gruppe der rein strukturierten Datenformate unterteilt sich wiederum in Formate, die der europäischen Norm EN 16931 entsprechen und solche, die dies nicht tun. Beginnen wir mit Formaten gemäß EN 16931. Wir können uns die Norm am einfachsten als mehrteilige Anleitung vorstellen, die im ersten Teil Vorgaben an die Inhalte der E-Rechnung macht. In ihrem zweiten Teil werden aktuell nur die beiden XML-Formate UBL 2.1 und UN/CEFACT CII als normenkonform erklärt. Auf nationaler Ebene finden diese in der Ausprägung der XRechnung eine immer stärkere Verbreitung.
Formate, die nicht in EN 16931 gelistet sind, werden durch das Bundesministerium der Finanzen als „andere E-Rechnungsformate“ bezeichnet. Hierunter fallen klassische EDI-Formate, insbesondere auf der Basis der Standards EDIFACT oder ANSI X12. In der Automotive-Industrie ist das in Deutschland vor allem die VDA 4938, in den Bereichen Handel, Medien und Gesundheitswesen dagegen eher die EANCOM INVOIC. Der Nutzung solcher Formate muss der Rechnungsempfänger im Gegensatz zum Empfang von EN-16931-konformen E-Rechnungen explizit zustimmen.
Sie sehen also: Sie führen nicht einfach „die“ E-Rechnung ein, sondern eines oder mehrere Datenformate aus einer ganzen Gruppe von Kandidaten.

Welches Format muss ich verwenden?

Wie beschrieben, gibt es die XRechnung sowohl im Format CII als auch im Format UBL. Eventuell sind Ihre Kunden zumindest in den nächsten Monaten nur in der Lage, eines der beiden Formate zu verarbeiten. Sie könnten also zumindest in der Anfangsphase vor dem Problem stehen, dass wichtigen Kunden Ihre Ausprägung der XRechnung noch nicht verarbeiten können. Oder Ihr Kunde bevorzugt zumindest temporär ein anderes E-Rechnungsformat anstelle einer XRechnung. Generell gilt im Datenaustausch: Meist macht der Kunde die Vorgaben, welches Format zu benutzen ist.
Um also unangenehme Überraschungen zu vermeiden, sollten Sie zumindest für Ihre wichtigsten Kunden prüfen, in welcher Form diese E-Rechnungen erwarten und um Handbücher für die geforderten Schnittstellen bitten. Rechnen Sie zudem lieber damit, mehrere Datenaustausch-Formate implementieren zu müssen, wenn Sie bisher noch überhaupt keine E-Rechnungen versenden.

Und was muss in den Rechnungen stehen?

E-Rechnungen sind wie Zwiebeln: Sie haben mehrere Schichten. Im innersten Kern stehen die gesetzlichen Anforderungen, in Deutschland beispielsweise die des Paragrafen 14 des Umsatzsteuergesetzes. Diese gelten selbstverständlich auch in einer E-Rechnung. Die EN 16931 (und damit die XRechnung) kennt zusätzlich den Begriff des Kernrechnungsmodells und der Sender-Compliance.
E-Rechnungen enthalten Kernanforderungen und Anwender-Erweiterungen.
Als Kernrechnungsmodell werden verschiedene Funktionalitäten definiert, die eine E-Rechnung erfüllen soll. Damit Sie als Sender compliant sind, müssen Sie in der Lage sein, Rechnungen zu erstellen, die die Anforderungen des Kernrechnungsmodells erfüllen. Die Funktionalitäten werden in die Bereiche Rechnungsausstellung und Rechnungszustellung, Rechnungsprüfung, Buchung, Umsatzsteueranmeldung, Bezahlung und Auditierung unterteilt. Das Kernrechnungsmodell kennt insgesamt 70 potenzielle Anforderungen, in der Realität werden allerdings nicht alle auf Ihre Rechnungen anzuwenden sein.
Aus Platzgründen können wir die Anforderungen nicht einzeln vorstellen, aber grob lassen sie sich in folgende Bereiche unterteilen:
  • Datumsangaben auf Dokumenten- und Positionsebene
  • Referenzen auf Dokumenten- und Positionsebene
  • Informationen zu den Parteien im Geschäftsprozess auf Dokumentenebene
  • Währungsangaben auf Dokumentenebene
  • Zu- und Abschläge auf Dokumenten- und Positionsebene
  • Zölle und Steuern auf Dokumenten- und Positionsebene
  • Rechnungspositionen mit IDs, Namen und Beschreibungen zur Identifikation von Gütern oder Dienstleistungen
  • Die berechnete Menge pro Rechnungsposition
  • Netto oder Bruttopreise auf Positionsebene
  • Der Nettobetrag pro Position
  • Informationen zur Zahlungsabwicklung auf Dokumentenebene
  • Verschiedene Gesamtsummen der Rechnung, etwa der Gesamtumsatzsteuerbetrag
  • Die Verteilung der Umsatzsteuer pro Steuersatz
  • Zusätzliche, rechnungsbegründende Unterlagen
Das Kernrechnungsmodell beinhaltet unterschiedliche Informationsarten.
Besonders spannend ist das Thema „rechnungsbegründende Unterlagen“. Das sind Dokumente, wie zum Beispiel eine Stundenabrechnung, auf deren Basis die Rechnung erstellt wurde. Sie können in eine XRechnung eingebettet werden, allerdings nur, wenn Ihre Software A) dazu technisch in der Lage ist und B) über die Dokumente zum Zeitpunkt der Rechnungserstellung verfügt. Im Vergleich zu anderen Anforderungen kann das Thema komplexer werden, daher sollten Sie bei der Analyse der Kunden-Anforderungen auf dieses Thema besonders achten.
Für einen vollständigen Überblick über die potenziellen Anforderungen in einer XRechnung empfehlen wir einen Besuch beim Internetauftritt der Koordinierungsstelle für IT-Standards (KoSIT). Hier finden Sie nicht nur viele Informationen über die XRechnung, sondern auch die aktuelle Dokumentation und Beispielnachrichten.
In der obersten Schicht finden Sie zusätzliche Anforderungen Ihrer Kunden oder Erweiterungen des Kernrechnungsmodells der EN 16931. Die VDA 4938 kann beispielsweise Produktionsnummer, Laufleistung und Erstzulassung von Fahrzeugen enthalten. Die EANCOM INVOIC kennt dagegen Packstück-Informationen auf Positionsebene. Und die XRechnung erweitert das Kernrechnungsmodell unter anderem dahingehend, dass sie Rechnungsunterpositionen kennt.
Die tatsächlichen Anforderungen variieren je nach Branche und Kunde. Was von Ihnen verlangt wird, können Sie daher nur herausfinden, wenn Sie systematisch Handbücher oder Anforderungs-Kataloge Ihrer Kunden analysieren. Bei Unklarheiten empfiehlt es sich, einen passenden Kontakt auf Kundenseite zu identifizieren und diese mit ihm zu besprechen.

Lassen Sie sich nicht entmutigen!

Die schiere Menge an potenziellen Anforderungen hat Sie vielleicht gerade abgeschreckt. Um der Thematik ein wenig die Brisanz zu nehmen, möchten wir Ihnen noch drei Gedanken mitgeben: Erstens sind die Anforderungen der beiden oberen Schichten zumindest teilweise branchen- oder fallbezogen. Sie müssen zudem wahrscheinlich nur einen Teil dessen umsetzen, was in den Handbüchern Ihrer Kunden angefordert wird. Aus Effizienz- und Übersichtsgründen sind diese oft so geschrieben, dass sie alle möglichen Geschäftsvorfälle enthalten. Eventuell auch solche, die auf Sie gar nicht zutreffen.
Zweitens finden Sie auf Messen oder im Internet zahlreiche Dienstleister, die Ihnen bei der Umsetzung der E-Rechnung helfen können. Wenn Sie bereits eine Liste mit den tatsächlichen Anforderungen Ihrer Kunden angefertigt haben, können Sie prüfen, welcher Partner zu Ihnen passt, indem Sie die Anforderungen mit den Kandidaten diskutieren.
Drittens haben Sie (zumindest, wenn Sie diesen Artikel im Winter 2024/25 lesen) noch viel Zeit, in das Thema einzusteigen. Wir empfehlen Ihnen, Kunden, zu denen Sie eine besonders gute Geschäftsbeziehung haben, anzufragen, ob sie als Pilotpartner für die Implementierung zur Verfügung stehen. Sie nehmen sich eventuell mehr Zeit für Feedback und sind geduldiger bei der Korrektur von Testdateien. Als zusätzlicher Anreiz profitieren Ihre Kunden auch davon, wenn sie Ihre Rechnungen schon frühzeitig automatisiert verarbeiten können.
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